Leitidee
Schon heute wird die Deutsche Schule der Borromäerinnen als „Schule mit Seele“ und sicherer Ort wahrgenommen. Eine Institution mit langer Tradition und starker Identifikationskraft sucht ein neues Zuhause. Der vorliegende Entwurf versucht zu diesen unschätzbar wertvollen Komponenten das bauliche und atmosphärische Bild hinzuzufügen.
Uns gefällt das Bild der ruhigen und sicheren Oase innerhalb der quirligen Stadt.
Umso mehr nach Inaugenscheinnahme des direkten Grundstückumfelds in diesem Teil der Stadt mit seiner unwirtlichen Umgebung und angesichts der unsicheren weiteren gesellschaftlichen Entwicklung in Ägypten. Gleichzeitig braucht es einen charaktervollen unmodischen architektonischen Ausdruck der die bikulturelle Prägung der Institution versinnbildlicht.
Das Bild der klassischen Oase (hier Bilad Sayt im Oman) lehrt uns die seit Jahrtausenden erprobte Grundordnung von Oasen: Ein dichtes Ensemble aus Häusern immer gleicher Bautypologie aus örtlichem Material und in einer dichten Anordnung und Höhenstaffelung zur Verschattung und Durchlüftung der Wege, Plätze und Räume. Daneben sind die landschaftlichen Bereiche angeordnet, klar getrennt in offene besonnte Flächen und dichte Palmengärten mit intelligenter Führung und Nutzung des raren Guts Wasser. Diese Grundordnung ist Leitbild des vorliegenden Entwurfs.
Das Bauensemble funktioniert wie eine klassische musikalische Komposition mit einem Grundthema. Dieses Grundthema ist der Bogen als kulturübergreifende Dach- und Bauform, hier in einer flach gewölbten und somit zeitgenössischen Form. Der Bogen als Dachform eint alle Gebäude mit Ausnahme der Sportbereiche. Hier korrespondiert eine schattenspendende Alu-/Holzkonstruktion mit den Holzläden der Fassaden. Die gewählte tektonische Bauform ermöglicht eine wirtschaftliche Erstellungsweise, da örtliche Baufirmen in der Erstellung der gewählten Konstruktionen aus Stahlbeton-Primärbauteilen und Mauerwerks- ausfachungen geübt sind.
Anordnung der Funktionen auf dem Grundstück
Dem Bild der traditionellen Oase folgend sind Bereiche der Gebäude und der Landschaft nebeneinander und in zwei baulichen Prinzipien angeordnet. Die Häuser sind dicht zueinander und gleichzeitig so angeordnet, dass eine offene transparente Raumfolge aus Höfen und Häusern entsteht. Der zentrale Veranstaltungsbereich besetzt die Mitte des Ensembles und vermittelt als transparente Halle zwischen allen Nutzungsbereichen und den beiden inneren Höfen.
Zu der Lösung der 1. Wettbewerbsphase wurde die Anordnung der Aula gedreht, um eine bessere Durchlüftung des Raums und eine eindeutigere Zuordnung des Haupteingangs zu ermöglichen.
Der nördliche Hof ist der Ort des Ankommens und des Abholens. Von hier erfolgt die Verteilung zu allen Nutzungsbereichen: Kindergarten, Schule, Veranstaltungen, Mensa, Sport. Als Beginn der zentralen Nord-Süd-Erschließungsachse wurde eine zentrale Rampe als verbindendes Element des Erdgeschosses mit dem 1.Obergeschoss hinzugefügt. Die Rampe ist noch Außenraum. Alle weiteren Erschließungsflure können thermisch abgeschlossen oder geöffnet werden, so dass auf die klimatischen Wechsel zwischen Sommer und Winter mit dem Öffnen und Schließen von Fassadenbereichen reagiert werden kann. Der südliche Hof hat kontemplativen Charakter. Hier befinden sich auch die nunmehr in die Gebäudekubatur integrierten Gebetsräume und in Nachbarschaft dazu als spätere Ausbaustufe das Kongregationshaus. Die Sportbereiche sind in einer Landschaftsmodellation entwickelt. Sporthalle und Schwimmbad können somit die Bodenkühle nutzen, deren Aushub (zumindest der Sporthalle im 1.BA) steht als optionales Auffüllmaterial für die Erhöhung des Niveaus der Grundstückszufahrt zur Verfügung.
Das Grundprinzip der natürlichen Durchlüftung
Nach der Besichtigung der Vergleichsobjekte vor Ort ist die Einfachheit und klimatische Funktionalität des e (EGC) in Alexandria in Erinnerung geblieben:
Die Hofstruktur mit quer lüftbarer Anordnung der Versammlungsräume.
Öffenbare Fenster unterhalb der Decke zur Querlüftung von Fluren und Klassen.
Dieses Prinzip wird aufgenommen und weiter gedacht. Im Gegensatz zur 1. Wettbewerbsphase ist nun den Klassenräumen keine zusätzliche Raumschicht mehr vorgelagert, um im Winter besser die passiven Wärmegewinne zu erzielen. Alle Geschosse haben im Bereich direkt unterhalb der Decke zusätzliche Fensteröffnungen zur Querlüftung erhalten. Diese sind so tief liegend in der Fassade und in so kleiner Geometrie angeordnet, dass sie keiner zusätzlichen Verschattung im Sommer bedürfen. Größere Fenster in den Klassen und Fluren sind öffenbar und erhalten Holz-Schiebelemente zur Verschattung oder sind so tief angeordnet, dass vorspringende Geschosse die Verschattung gewährleisten. Auf die Nutzung der vorherrschenden Windrichtung aus Nord wird durch die Grundrichtung der Wandschotten der Gebäude geachtet. Dies ermöglicht über das Öffnen und Schließen der Fenster die manuelle und natürliche Konditionierung des Raumklimas. Der Zentralbereich ist ebenfalls durch seine Anordnung zwischen zwei Höfen und das große Luftvolumen natürlich belüftbar. Die grünen unversiegelten Höfe kühlen die zwischen den Höfen zirkulierende Luft. Die unterschiedlichen Bauhöhen der Häuser vermeiden den Effekt von Hitzeglocken auf dem Boden, indem vertikale Luftbewegungen initiiert werden, die die erwärmte Luft an den Hausfassaden abführt.
Organisation der Klassenräume
Die Grundrisse der Klassenhäuser sind auf die Veränderbarkeit von Lehrformen ausgelegt, ohne dem Wunsch und der Notwendigkeit abgeschlossener Klassenräume entgegen zu stehen. Eine Mittelzone verbindet als Gruppenraum jeweils die Klassenräume eines Geschosses, Differenzierungsbereiche können als kleine Lehreinheiten genutzt und abgetrennt werden. Die Klassen sind zu dieser Mittelzone hin verglast, die Verglasung selbst wiederum ist öffenbar, so dass der Grad der Offenheit der Mittelzone je nach Unterrichtsform definiert werden kann. Alle Klassenräume stehen mit dem Grün der Höfe im Dialog. Die Mittelzonen öffnen sich an den Kopfseiten der Häuser zu Loggien und Außentreppen, die jeweils den 2. Fluchtweg sicher stellen, aber auch den kurzen Weg zu den Höfen und Gärten direkt aus oder zu den Clustern ermöglichen.
Die Kunst- und Werkräume sind zum kontemplativen Hof hin orientiert und haben die Möglichkeit diesen auch für den Unterricht zu nutzen. Die Nord-Süd-Verteilerachse verbindet alle Häuser miteinander. Dies ermöglicht kurze Wege und lässt einen Ort des sich Treffens und Miteinander aller Gruppen und Altersstufen entstehen.
Die Freiräume und die Ordnung des Campus
Zwischen der Ringroad und dem Campus beginnen wir mit einem ordnenden Freiraum, zwischen Straße und Schulmauer steht ein Baumhain, der die städtebauliche Fügung klärt; in seinem Schatten ist ein äußerer Stellplatz angeordnet. Die Zufahrt zum Schultor führt über einen Graben, der Sturzregen unschädlich, westlich am Campus vorbei in den Kanal bringt. Hain und Brücke erzeugen eine würdige Ankunft. Diese findet im Fahrhof statt, der die notwendigen Fahrflächen beinhaltet, ein Schattendach im Süden holt alle Positionen ab und leitet in die Schulgebäude ein.
Der Haupteingang wird als Durchgang zwischen Häusern ausgebildet, er mündet in den Eingangshof.
Im Inneren des Schulcampus sind die Häuser über auskragende Arkaden und über ein System von Höfen miteinander vernetzt. Der Eingangshof schließt auf kürzestem Weg die Kindertagesstätte an, er ist begrünt und diagonal querbar, hier laufen alle Wege zusammen. Ein Brunnen ist als symbolischer Quell installiert, der von hier das Bewässerungssystem auf dem gesamten Gelände speist. Eine Gruppe hoher Palmen markiert, ein schattiger Hain erlaubt Aufenthalt und Rückzug, damit hier das ganze Schulleben Platz findet.
Der östlich gelegene Bühnenhof ist der Schulhof für ruhigeren Aufenthalt, für Unterricht im Freien und für Theater. Eine gemischte Baumpflanzung schafft ein zur Bühne ausgerichtetes Inneres, die Bühne nutzt die Außenwand als Rücken und ist auch als informeller Ort attraktiv. Der südliche Versammlungshof ist Erweiterung der Aula und Vorplatz der Gebetsräume, ein einfacher Raum, der viele Nutzungen erlaubt, auch dass hier Schülerinnen und Schüler, die aktive Erholung suchen zu den Sportfeldern durchrennen. Die Sportfelder sind im Südwesten großzügig zusammengefasst, sie liegen um 1m eingetieft, die Tribünen unter Schattenbäumen nutzen den Geländeversprung. Alle Sportflächen liegen miteinander verbunden, die entlang der Schulmauer verlaufende Laufbahn verbindet darüber hinaus die gesamte Anlage, im Notfall ist sie die Feuerwehrumfahrt. Eingefriedet im Norden liegt die Spielfläche des Kindergartens, hier sind eine an die Mauer hin terrassierte Spielanlage und ein runder Schattenpavillon prägend. Von einer Gartenmauer umfasst liegt, dem Kongregationshaus zugeordnet ein geometrischer Garten. Die Umfassungsmauer erhält durch Mehrfachnutzungen Bedeutung, als Rückwand von Bühne, Tribüne, Pflanztreppe und Spielterrasse. Zugleich sind die Außenanlagen so bis zum Rand nutzbar.
Was Garten und Landschaft im Schulgelände bedeuten
Der umsichtige Umgang mit Wasser und Boden ist ein kultureller Akt. Das Rinnensystem für die Be- und Entwässerung greift naheliegend auf historische ägyptische Vorbilder zurück. Es erschafft ein räumliches Gerüst und eine Erzählung vom Garten, die sich den Kindern im Alltag mitteilt. Das System ist zugleich technisch wirksam, es besteht aus 15 cm tiefen Rinnen, die temporär mit Wasser befüllt werden und eingetiefte Baumscheiben und Beete versorgen. Regenwasser sammelt sich hier und wird abgeleitet. Ein Brunnen im Eingangshof spendet in einer Zisterne gespeichertes Wasser, ein Ort mit Symbolcharakter und hohem Spielwert zugleich. Wo viel gelaufen wird, sind die Rinnen mit gelochten Steinplatten abgedeckt, aber das durchgängig vernetzte System ist für die Kinder erkennbar. Am südlichen Geländetiefpunkt speichert und versickert ein Graben überschüssiges Wasser, der Überlauf erfolgt in den benachbarten südlichen Graben. In diese Richtung entwässert auch der sonst trockene Graben, der vor dem Schultor verläuft, das landschaftliche System wird auf diese Weise erfahrbar angeknüpft.
Das Bewässern durch Überstauen ändert nichts daran, dass heiße und trockene Perioden ortstypisch sind, so werden klimatisch angepasste Stauden, Gräser und Gehölze verwendet. Als von weitem sichtbare, hohe Bäume werden Phoenix dactylifera (Dattelpalmen) in Gruppen und Linien verwendet, die Mimosen ähnelnden, ausladenden Delonix regia (Flammen- / Johannisbrotbaum) Schattenbäume. Orangenbäume werden in dichten kleinen Hainen verwendet, eine Anleihe an uralte Tradition. Der geometrisch angelegte Kongregationsgarten soll mit einer kleinen Grotte und gemischter, teils produktiver Pflanzung den Charme bekommen, der im Bestand zu spüren war.
Tragwerkskonzept Deutsche Schule Alexandria
Die Grundrisse aller Gebäude haben eine regelmäßige Rasterung. Daher kann das Tragwerk in einem konventionellen Stahlbetonbau erstellt werden. Die Decken sind als Unterzugsdecken konzipiert. Die Unterzüge, im Rasterabstand von 4,8 m, spannen von Außenfassade zu Außenfassade mit zusätzlichen inneren Stützenreihen. Dadurch ergeben sich geringe Spanweiten und damit geringe Dicken für die Stahlbetondecken. Aufgrund der Regelmäßigkeit der Grundrisse, mit konstanten Spannweiten, können die Decken optional als teilvorgefertigte Elemente erstellt werden, wodurch erforderliche Abstützungen im Bauprozess minimiert werden.
Die Stahlbetondecken erfüllen mehrere Zwecke. Neben der Tragwirkung bringen sie eine hohe Speicherkapazität (Raumklima), erfüllen automatisch hohe Anforderungen an den Brandschutz und erzeugen einen hohen Standard an Schallschutz. Die Dächer werden aus Tonnenschalen gebildet. Diese haben zum Großteil die gleichen Abmessungen und könnten vor Ort in einer Art Feldfabrik in Serie erstellt werden.
Horizontaler Lastabtrag: Die Aussteifung zur Aufnahme von Aussteifungs- und Windlasten, sowie der Erdbebenlasten erfolgt über die Deckenscheiben, die Stahlbetonkerne und die Stahlbetonwandscheiben in den Außenwänden. In der Gründung sichert eine Bodenplatte, bzw. sogenannte Zerrbalken, die zwischen den Streifenfundamenten verlaufen, die Aufnahme der Erdbebenlasten.
Gründung: Die vertikalen Lasten werden über die Stahlbetonstützen, die horizontalen Lasten über die Stahlbetonwände, in Stahlbetonstreifenfundamente eingeleitet. In einem regelmäßigen Raster werden Bohrpfähle angeordnet. Diese werden in einer entsprechenden Länge ausgeführt, so dass sie bis in die tragfähige Schicht des Bodens reichen. Dort können die Lasten sicher in den Grund abgetragen werden.
Turnhalle: Das Dach der Sporthalle stellt die einzige Sonderkonstruktion dar. Hier gilt es eine größere Spannweite zu überbrücken. Dies wird mittels Holzträgern oder Stahlbetonbindern realisiert.