Leitidee
Für die Erweiterung des Clemens Sels Museums Neuss schlagen wir ein Ensemble aus drei Bauvolumen und einem L-förmigen Verbindungsbau vor. Die drei Bauvolumen sind abschnittsweise oder gruppiert realisierbar.
Schon der Sieger-Wettbewerbsentwurf aus dem Jahr 2003 basierte auf einer besonderen Beachtung und Hervorhebung des Bestandsensembles aus Obertor und Deilmannbau und nahm somit die im Jahr 2013 ausgesprochene Denkmalwürdigkeit des Deilmannbaus voraus. Damals wie heute verbleibt der Bau in seiner solitären Wirkung.
Die drei Volumen nehmen in Ihrer Höhenentwicklung Bezug auf Höhen der Bestands-Bauskulptur. Die bauliche Entwicklung wird ausgehend vom Obertor und der Erweiterung nach Süden durch den Deilmann-Bau auch durch die Erweiterungsstufen nach Süden fortgeschrieben und somit die schon durch den Deilmann-Bau begonnene Idee, die alte Stadtbefestigung entlang der Mühlenstraße und der Zitadellstraße baulich neu interpretiert abzubilden, aufgenommen.
Durch die bewusst nach Südosten vorgezogene Positionierung des Wechselausstellungsbaukörpers entsteht für das Obertor – in Spiegelung der Baufigur des Deilmann´schen Wohnungsbaus am Stadtarchiv – eine V-förmige Blicklenkung aus der Augustinusstraße zum Obertor.
Den zwei neu entstehenden Höfen sind zwei Skulpturen von J. Neuhaus zugeordnet, die jeweils neu verortet werden und somit auch neue Aufmerksamkeit erfahren.
Alternativ ist für den Hof zwischen Gartensaal und Erweiterung die Nutzung als neue Cafeteria- Außenfläche des Museums angedacht.
Ebenso nehmen die Setzungen des Ensembles größtmögliche Rücksicht auf den besonderen Baumbestand des Stadtparks.
Den Belangen des Denkmalschutz des Deilmann-Baus wird große Aufmerksamkeit zuteil. Außer punktuell am heutigen Notausgang der kleinen erdgeschossigen Cafeteria erfährt der Bestandsbau keine bauliche Verbindung zur Erweiterung. Ebenso finden keine baulichen Veränderungen des Bestands statt. Durch die Aufsplittung der Erweiterungsflächen in mehrere Körper entstehen bauliche Einzelvolumen, die zum Bestand nicht konkurieren, sondern mit diesem einen Dialog führen. In diesem Sinne erfolgte auch die Wahl des Fassadenmaterials und der Fassadenstrukturierung durch Geschossgesimse und Betonrahmen der Fenster. Bei der Wahl des Klinkers für die Erweiterungsflächen wird jedoch ein rauer schieferfarbener Stein vorgeschlagen. Dem Ensemble aus Obertor und Deilmannbau – die sich in Ihrer Materialität ebenfalls eigenständig zeigen – wird somit ein weiterer in seiner Materialität eigenständiger „Partner“ zur Seite gestellt. Durch die Sonderstellung des Bestandsbaus als baulich strukturiertestes und farbigstes Volumen des Gesamtensembles wird dessen Schutzstellung nochmals betont. Die ebenfalls denkmalgeschützten angrenzenden Außenflächen des Denkmals bleiben – mit Ausnahme des neuen Hofs vor dem Gartensaal – unangetastet bzw. werden denkmalgerecht Instand gesetzt.
Dem Thema der Wirtschaftlichkeit und Kostenreduktion wird mit einigen wichtigen zentralen Entwurfs-entscheidungen Aufmerksamkeit zuteil. Aufgrund der zu erwartenden Faktoren – schwierige Gründungssituation – hoher Grundwasserstand – zu erwartende Bodenarchäologie – zu schützende Wurzelbereiche der Bäume – wird so weit möglich auf Kellergeschosse verzichtet. Lediglich einer der drei Baukörper muss für Räume der Gebäudetechnik unterkellert werden. Für die Räume der Wechselausstellung ist eine dezentrale Lüftungsanlage (versteckt über den Nebenräumen des 1.OG) projektiert. Bei einer Entscheidung entweder für die mittlere oder die optimale Lösung vergrößern sich die planerischen Möglichkeiten das Kellervolumen in Abhängigkeit der bodenarchäologischen Vorsondierung unter den Baukörper zu verschieben, der die geringsten bodenarchäologischen Eingriffe – und somit auch Kosten – erwarten lässt.
Auf Grundlage der vorliegenden Bodengutachten wurde die Gründung der Baukörper bereits spezifisch untersucht und ist in die Kostenermittlung eingeflossen.
Für ein ideales museales Raumklima wird eine Minimierung der notwendigen Lüftungsanlage angestrebt. Über dicke – in den Ausstellungsbereichen verputzte – Betonwände und darin integrierte Bauteilaktivierung wird ein stabiles „träges“ Raumklima hergestellt, welches Feuchteschwankungen aus Besuchergruppen passiv „puffern“ kann und nicht aktiv durch große Luftbewegungen einer Klimaanlage „beheben“ muss.
Für die museale Ausleuchtung des Ausstellungsräume ist fu?r die Sammlungsräume eine individuelle Beleuchtung der jeweiligen Sammlungsstücke und für die Wechselausstellung eine universelle Lichtdecke mit zusätzlicher Strahleroption – projektiert.
Für die Aufteilung der Räume der Schenkung ist eine Raumfolge aus „Räumen“ und Zimmern“ angedacht. Die „Zimmer“ sind dabei der Präsentation der Ensembles aus der Schenkung vorbehalten und nur im Rahmen von Sonderführungen betretbar. Die Enfilade der Räume ermöglicht dann die Ausstellung der Einzelstücke und besonderen Bilder der Schenkung in musealer Umgebung. Durch den bewussten Verzicht einer klassischen Lichtdecke in den Schenkungsräumen und besonderer Materialisierung der Decke (z.B. Holvertäfelung) soll eine besondere unverwechselbare Atmosphäre für die herausragende Schenkung geschaffen werden. Die genaue Ausgestaltung wird in Zusammenarbeit mit dem Sammler und den Kuratoren erarbeitet werden.
Der L-förmige Verbindungsbau ist ebenfalls auf eine besondere Wirkung hin materialisiert. Bewusst als „Raum ohne Kunst“ gedacht fokussiert die insgesamt gedämpfte Farbstimmung und reduzierte Materialsprache die Aufmerksamkeit der Ausblicke auf die Besonderheiten des Ortes: den denkmalgeschützten Deilmannbau, den
Die avisierte Schenkung der einzigartigen Jugendstil-Kunstsammlung stellt für die Entwicklung und Sicherung des Clemens Sels Museums Neuss aber auch für die gesamte Kulturlandschaft von Neuss eine einmalige Chance dar. Die baulichen Maßnahmen hierfür und für die begleitend notwendigen Flächen sind sowohl wirtschaftlich als auch aus denkmalrechtlicher und landschaftsplanerischer Sicht nicht unerheblich. Wir sind jedoch der Überzeugung, mit angemessen Mitteln der Besonderheit von Ort und Aufgabe zu begegnen. Die Erweiterung des Clemens Sels Museums dient nicht zuletzt der Zukunftssicherung des Museums. In Abwägung der Chance, die die avisierte Kunstschenkung für die Stadt und das Museum bedeutet, zu den Anforderungen des Denkmal- und Landschaftsschutzes sehen wir die Umgebung des Museums und des Stadtparks sinnvoll und angemessen gestaltet und entwickelt.
Die ermittelten Kosten stellen eine bereits eng an den Besonderheiten und Anforderungen des Projekts ermittelte Schätzung dar. Sicherheiten sind im für Neubauten üblichen Rahmen von 10% der Baukosten eingestellt, um Unvorgesehenem des Planungs- und Bauprozesses zu begegnen. Selbstverständlich sind besondere Kostenentwicklungen des Projekts (z.B. Archäologie) oder der Marktes nicht auszuschließen.
Aus unserer 22-jährigen Erfahrung mit budgetierten öffentlichen Baumaßnahmen sind wir jedoch in der Strategie des „Design to Cost“ geschult und werden Kostensteigerungen durch mit dem Bauherren abgestimmten Umplanungen und pragmatischen Lösungen begegnen.